Pacific Coast Highway #1 (CA)
(Letzte Änderung: 23.05.2023 @ 19:52)
Amerika ist ein Autofahrerparadies.
Das liegt sicherlich auch an der im Vergleich zu Deutschland entspannten Verkehrssituation außerhalb der urbanen Zentren und der tendenziell eher betulichen Fahrweise der Amerikaner. Wenn 55 Meilen die Höchstgeschwindigkeit auf kerzengerader Strecke ist, dann haben Amerikaner im Allgemeinen kein Problem damit, dass die Tachonadel - der Cruise Control sei Dank - exakt auf 55 Meilen festgetackert ist. Raser und Drängler sind hier Exoten, am ehesten findet man sie auf den Interstates rund um L.A., aber das sind sowieso überjazzte Neurotiker auf dem Weg zum Psychologen.
Vor allem aber ist es die landschaftliche Schönheit vieler Routen, die Autofahren in den USA zum Erlebnis macht und für die Begriffe wie Sightseeing oder Cruisen vermutlich erfunden wurden.
Einige Beispiele für amerikanische Traumstrecken:
Insider kennen die CA 120, die nicht nur im Gebiet des Yosemite National Park fantastisch ist. Oder wie wäre es mit der CA 395, die den Yosemite National Park mit der Tahoe-Region verbindet? Nicht von schlechten Eltern ist natürlich auch der Overseas Highway der Florida Keys. Dann wäre da noch die UT 12 zwischen dem Bryce Canyon Nationalpark und dem Capitol Reef Nationalpark. Die Going-to-the Sun Road im Glacier National Park darf ich nicht vergessen. Und und und...
Die beiden berühmtesten Straßen der USA aber sind wahrscheinlich die Route 66 ('Get your Kicks on Route 66') und der Pacific Coast Highway #1 in Kalifornien (CA 1). Während die 66 vor allem historisch bedeutsam, aber ansonsten nicht gerade spektakulär ist, gleicht die CA 1 an manchen Stellen einem Catwalk für Naturschönheiten. Nicht durchgängig, aber doch überwiegend, ist sie eine echte Traumstraße.
Das macht die CA 1 zu einem weltweit bekannten Aushängeschild Kaliforniens. Der Traum vieler Motorradfahrer. Selbst Radfahrer, für die die USA im Allgemeinen kein Traumreiseziel sind, kommen aus allen Herren Ländern und nehmen die Strecke unter die Räder. Ob das eine so gute Idee ist?
Immer wieder begegnet man Radlern. In (organisierten) Gruppen oder auch alleine kämpfen nicht wenige mit freudlosem Blick und zusammengekniffenen Lippen gegen das hügelige Terrain und die stramme Brise. Ganz zu schweigen von der haarsträubenden Nähe zu Abgründen und überholenden Fahrzeugen. Traumurlaub? Wohl eher etwas für ambitionierte Selbstmörder.
Der Pacific Coast Highway #1 beginnt ca. 320 km nördlich von San Francisco im südlichen Humboldt County - etwas südlich des Ortes Garberville. Das ist ganz in der Nähe des berühmten Baums, durch den man mit dem Auto durchfahren kann (Chandelier Drive-Thru Tree). Er endet 1055 Straßenkilometer weiter südlich in Dana Point (Orange County).
Einige Streckenabschnitte stelle ich im Folgenden kurz vor. (Bitte beachten Sie die separaten Seiten zum MacKerricher State Beach und zum Mendocino Headlands State Park.)
Bodega Bay
Ca. 85 km nördlich von San Francisco liegt die Bodega Bay. Die Bucht und der gleichnamige Ort sind vor allem als Drehorte für Alfred Hitchcock´s Die Vögel ein Begriff. Auch John Carpenter machte hier einige Einstellungen für seinen zunächst verkannten Klassiker The Fog - Nebel des Grauens.
Eines ist klar: In künstlichen Nebel musste Carpenter nicht investieren. Den gibt es hier im Überfluss und das ist das wirklich Grauenhafte. Scheinbar verziehen sich die marine layers (so der meterologische Fachterminus) nie.
Bei meinem letzten Besuch 2009 war es wie zuvor 2005, 1999 und 1996. Eigentlich ein schöner sonniger Tag, nur leider war alles Grau in Grau. Bis in die Abendstunden totale Waschküche. Man sah die Hand vor Augen kaum. Das Blöken der Seelöwen auf den Sandbänken erinnerte an Nebelhörner.

Marine layers gibt es im Sommer an der gesamten Pazifikküste, aber so hartnäckig wie hier habe ich sie nirgendwo sonst erlebt. War vielleicht Pech, jedenfalls stehe ich mit dieser Region auf Kriegsfuß.
Point Reyes National Seashore
Bleiben wir beim Nebel des Grauens.
Wenn Sie den Film kennen, erkennen Sie auch den ominösen Leuchtturm wieder, der in dem Streifen eine nicht unbedeutende Rolle spielt.
Das ist das Point Reyes Lighthouse.

Richtig, auch hier ist es ziemlich oft ziemlich neblig. Genau genommen handelt es sich um das Epizentrum allen Nebels.
"Das Kap [gemeint ist die Point Reyes NS, die eine Halbinsel in Form eines Dreiecks ist; d. Verf.] ist der windigste Punkt der Nordamerikanischen Pazifikküste, die höchste gemessene Windgeschwindigkeit betrug 212 km/h, und zugleich der Ort mit dem zweithäufigsten Auftreten von Nebel auf dem Nordamerikanischen Kontinent." (Quelle: Wikipedia)
Noch Fragen?
Allerdings täte man der Point Reyes NS unrecht, wenn man sie darauf reduzieren würde, die Mutter allen Nebels zu sein. Es gibt hier herrliche Dünen, Wälder, Strände und Klippen. Die Landschaft erinnert ein wenig an die Nordseeküste.
Und außerdem: Die Point Reyes NS kann auch ganz anders - wenn sie denn will. Wetter- bwz. sichttechnisch meine ich. (Sie will nicht allzu oft...)

Südlich der Point Reyes NS windet sich der Pacific Coast Highway San Francisco entgegen. Die Strecke ist in manchen Passagen extrem kurvig, was man besonders als Wohnmobilfahrer zu spüren bekommt. Wenn Sie, wie wir 2005, unterschätzt haben, wie lange man für die Strecke braucht und es spät geworden ist, tauchen irgendwann die Lichter der Großstadt vor einem auf. Das ist ein fantastischer Anblick.
17-Mile-Drive
Carmel-by-the-Sea, etwas südlich von Monterrey, ist einer der teuersten Flecken der gesamten USA. Der Median der Preise für Wohneigentum liegt hier bei schlappen 1,4 Mio. USD.
"It [Carmel; d. Verf.] serves as a getaway destination for many Hollywood actors including Clint Eastwood, who served as the towns mayor from 1986 to 1988." (Quelle: images.businessweek.com; Link nicht mehr auffindbar)
Noch exklusiver als Carmel-by-the-Sea ist schwierig. Der zwei Meilen nördlich gelegene Ort Pebble Beach schafft das jedoch mit geradezu spielerischer Leichtigkeit. Hier gibt es ca. 4500 Einwohner, die nicht weniger als acht 18-Loch-Golfplätze zur Auswahl haben. Darunter der weltberühmte Pebble Beach Golf Links, der im Jahr 2001 zum besten Golf Course in Amerika gekürt wurde. Bei so einem Angebot ist die Entscheidung für den Golfplatz der Wahl nicht leicht. So etwas beschwert das Leben und mir kommen beinahe die Tränen.
Vielleicht haben sich die Bewohner von Pebble Beach ob dieser unbilligen Härte entschlossen, Touristen mit aktuell 9,75 USD zur Kasse zu bitten (Stand: 2013), wenn sie die 17 Meilen lange Privatstraße fahren wollen, die an Villen, Golfplätzen und Natur-Sehenswürdigkeiten, wie der Lone Cypress (s. Bild links), dem Ghost Tree (s. Bild rechts unten) oder der Spanish Bay (s. Bild rechts oben) vorbei führt.
Die Spanish Bay wurde nach Don Gaspar de Portolá und seiner Mannschaft benannt, die im Jahr 1769 hier auf der Suche nach der Monterey Bay campierten.




Insgesamt gibt es 21 sehenswerte Punkte auf der Strecke, die von Besuchern angefahren werden können.
Ich habe mich entschlossen zu akzeptieren, dass die Bewohner der gated community von Pebble Beach in ihrer Enklave gerne abgeschottet bleiben und sich den Zugang Normalsterblicher wenigstens finanziell versüßen lassen möchten.
Fährt man weiter Richtung Süden, erreicht man bald die Gegend um Big Sur.
Big Sur
Big Sur ("Großer Süden") ist der spektakulärste Teil des Pacific Coast Highways. Dieser ca. 100 km lange Küstenabschnitt zwischen Carmel-by-the-Sea und San Simeon im Süden punktet mit einer atemberaubenden Kombination aus Steilklippen und den fast bis ans Meer ragenden Bergen der Santa Lucia Range im Hintergrund.
Der höchste Gipfel dieses Gebirges, der Cone Peak, erhebt sich immerhin 1571 m über dem Pazifik.
Wenn man Glück hat und sich nach dem Morgennebel die Sonne blicken lässt, erstrahlt das Wasser des Pazifiks türkisblau (z.B. in der McWay Cove; s. Bild unten).

Big Sur wirkt urwüchsig und unberührt. Das liegt auch daran, dass es hier seit den 1960er Jahren strenge Bauvorschriften gibt, die verhindern, dass neue Gebäude errichtet werden, die von der Straße aus sichtbar sind.
Literaturfreunde wissen vielleicht, dass der amerikanische Schriftsteller Henry Miller (u.a. Wendekreis des Krebses, 1934) sich im Jahr 1940 im Anderson Canyon in der Big Sur Gegend niedergelassen hat. Daran erinnert noch heute die kleine Henry Miller Memorial Library am Pacific Coast Highway.
Directions
Auf der Karte sind die Spots markiert, die ich oben beschrieben habe:
GPS-Koordinaten Pacific Coast Highway #1
(WGS84, Dezimalgrad, Umrechner: hier)
GPS Henry Miller Memorial Library: 36.221392,-121.753757
GPS McWay Cove (Big Sur): 36.158611, -121.671667
GPS Lone Cypress (17-Mile-Drive): 36.5691274, -121.9694009
My Visits
Den Pacific Coast Highway #1 bin ich 1991, 1994, 1999, 2005, 2007, 2009 und 2022 gefahren.
So sehen Traumstraßen aus.
Good to know
2016/2017 hat es schwere Erdrutsche in der Big Sur Area gegeben, die den Pacific Coast Highway streckenweise unpassierbar und ein Durchfahren, z.B. von San Francisco nach Los Angeles, unmöglich machten. Weitere Infos: hier und hier.
Stand 05/2017 war nicht absehbar, wann die Straße wieder befahrbar sein wird.
Gallery
Diese Gallery besteht aus 27 Farbbildern. Die Bilder stammen aus den Jahren 1991, 2005 und 2007.