Pilgrim Memorial State Park (MA)
(Letzte Änderung: 5.01.2024 @ 18:25)
Im 17. Jahrhundert wurde England durch König James I regiert. Zur damaligen Zeit hatten religiöse Gemeinschaften, die sich gegen die römisch-katholische Mainstream-Glaubenslehre wandten, einen schweren Stand. Darunter waren auch die wegen ihres moralischen Anspruchs, die Religion von päpstlichen Indoktrinationen und Denkverboten zu säubern, sogenannten Puritaner.
Die Puritaner traten für eine Reformation der Kirche nach calvinistischen und hugenottischen Grundsätzen ein. Sie wurden wegen ihrer konsequenten Abkehr von der anglikanischen Kirche und damit verwobener politischer Forderungen verfolgt. Protest gegen die etablierte Kirchen- und damit Staatsdoktrin - galt als Hochverrat und wurde hart bestraft.
Viele Puritaner zogen die Auswanderung einem Leben im Gefängnis vor und verließen England in Richtung Amerika oder auch der liberalen Niederlande.
Der Puritanismus war allerdings keine homogene Glaubensrichtung, sondern bestand aus zahlreichen Denominationen. Eine Strömung war der Separatismus - Vorreiter vieler Freikirchen im angloamerikanischen Raum. Die Separatisten vertraten besonders radikale politisch-religiöse Positionen und sagten sich vollständig von der etablierten Kirche los. Sie strebten eine totale Gemeindeautonomie an.
Im Jahr 1620 machte sich eine Gruppe von 101 Auswanderern, darunter auch 35 Separatisten, an Bord des dreimastigen Frachtschiffs Mayflower auf den Weg nach Amerika. 65 Tage später, am 09. November 1620, landeten sie an der Küste von Cape Cod (MA), was einerseits glücklich und andererseits eine ziemliche Pleite war. Zwar hatten sie die Überfahrt während einer für Atlantiküberquerungen extrem gefährlichen Jahreszeit überlebt, allerdings waren sie durch die Herbststürme vom eigentlichen Kurs abgekommen und ganz woanders gelandet als vorgesehen. Eigentlich wollten die Siedler nach Virginia und hatten dafür auch ein Landpatent der London Virginia Company im Gepäck. Nun waren sie Hunderte von Kilometern nördlich an Land gespült worden.
Eine Weiterreise nach Virginia erschien zu beschwerlich, sodass sich die Neuankömmlinge an Ort und Stelle niederlassen wollten. Sie fanden jedoch kleinen geeigneten Platz für eine landwirtschaftliche Nutzung, sodass einige von ihnen auf die andere Seite der Cape Cod Bay segelten und schließlich in der Nähe des heutigen Plymouth an Land gingen. Hier wurden sie sesshaft und gründeten die Plymouth Colony.
Die Landestelle der Mayflower wird heute als Plymouth Rock bezeichnet. Zu Ehren der pilgrim fathers entstand hier eine Art Gedenkstätte, die Teil des Pilgrim Memorial State Parks ist.
Auch der Nachbau der legendären Mayflower, die Mayflower II, liegt auf dem Gelände des Pilgrim Memorial State Parks. Unterhalten wird sie von der Plimouth Plantation, einem Freilichtmuseum, in dem das Leben innerhalb der Plymouth Colony nachgestellt wird.
Warum aber haben ausgerechnet die Mayflower und ihre Besatzung so eine große Bedeutung in der amerikanischen Geschichte und für das amerikanische Selbstverständnis? Wie kommt es, dass der Pilgrim Memorial SP einer der höchst frequentiertesten State Parks in den USA ist (nahezu eine Million Besucher jährlich)? Schließlich waren die pilgrim fathers keineswegs die ersten europäischen Auswanderer auf amerikanischem Boden - bereits 1907 entstand Jamestown als erste Kolonie.
Vielleicht liegt es an dem von puritanisch-separatistischen Gedankengut beseelten Mayflower-Vertrag, den 41 Pilgerväter unterzeichneten:
"Für das amerikanische Selbstverständnis prägend geworden sind jene Puritaner, die als sogenannte Pilgerväter an Bord der Mayflower nach Amerika segelten und Ende 1620 bei Cape Cod im heutigen Massachusetts an Land gingen. Sie stellten nur eine Minderheit unter den 101 Passagieren und Besatzungsmitgliedern der Mayflower, aber sie setzten jenen 'Mayflower Vertrag' vom 11. November 1620 auf, der als frühestes Dokument amerikanischer Selbstverwaltung und des Willens, ihr Gemeinwesen mit selbstgegebenen, gerechten und gleichen Gesetzen zu ordnen, in die amerikanische Geschichte eingegangen ist." (Horst Dippel; zit. nach Wikipedia)
Vielleicht lag es aber auch daran, dass die Pilgerväter 1621 zusammen mit den heimischen Wampanoag-Indianern, nach einem Jahr voller Spannungen, ihr erstes Thanksgiving in Amerika feierten und damit den Boden für viele Jahre in freundschaftlicher Nachbarschaft ebneten.
Good to know
Plymouth hat einen interessanten, hübschen historischen Stadtkern und ist allemal einen Stadtbummel wert.
Directions
GPS-Koordinaten Pilgrim Memorial SP
(WGS84, Dezimalgrad, Umrechner: hier)
GPS Plymouth Rock: 42.748333, -70.662372
GPS Mayflower II: 41.9601, -70.66281
Anfahrt
My Visits
2011 haben wir eine Kultur-Tour entlang der Ostküste gemacht. Da durften natürlich geschichtsträchtige Stätten, wie der Pilgrim Memorial State Park oder die damalige Plimouth Plantation, die nunmehr Plimoth Patuxet Museums heißt, nicht fehlen. 2023 gab es ein kurzes Update.
Der Plymouth Rock ist überaus unspektakulär. Ein mittelgroßer Felsbrocken mit eingravierter Jahreszahl. Aber er ist wichtig für Amerika und ehrt die Männer und Frauen, die den Mut und die Entschlossenheit hatten trotz widriger Umstände ein neues Leben fernab der Heimat zu führen und damit Geburtshilfe für die Vereinigten Staaten nach heutigem Vorbild zu leisten.
Ganz abgesehen von den historischen Implikationen ist die Mayflower II einfach ein schönes Schiff. Unglaublich, wie eng es an Bord zugegangen sein muss. Dass man in so einer Nussschale Atlantikstürme überwinden konnte, grenzt für mich an ein Wunder.