Niagara Falls State Park (NY)
(Letzte Änderung: 27.10.2024 @ 18:54)Eigentlich sind Wasserfälle nicht so mein Ding. Tendenziell finde ich sie überbewertet, was auch daran liegen mag, dass ich sie in der Regel zur falschen Jahreszeit besuche. Im Sommer sind die einst im Frühjahr stolzen Sturzbäche häufig zu armseligen Rinnsalen verkümmert oder sogar ganz versiegt. Ich stehe dann da mit Kamera, Graufilter und ein paar Ideen für gute Bilder und frage mich, warum.
Beispiele dafür sind diverse Fälle im Yosemite National Park (Yosemite Falls, Nevada Falls, Vernal Falls usw.) oder auch der nicht zuletzt für seine Wasserfälle berühmte Hana Highway auf Maui. Tröpfel, Tröpfel, Plitsch, Platsch. Gähn...
Es gibt aber löbliche Ausnahmen - die Niagarafälle z.B. Zu jeder Jahreszeit donnert der Niagara River (Niagara = indianisch für "Donnerndes Wasser") absolut verlässlich mit einer Fallhöhe von 21 Metern (amerikanischer Teil) bzw. bis zu 57 Metern (kanadischer Teil) in die Tiefe und verbindet dabei den höher gelegenen Lake Erie mit dem Lake Ontario. Es ist wie bei einer Schleuse - nur ohne Schleuse. Definitiv ein gewaltiges Schauspiel - selbst für notorische Wasserfall-Muffel wie mich.
Dabei gibt es genau genommen drei Wasserfall-"Komplexe", aus denen die Niagarafälle bestehen: die Horseshoe Falls auf der kanadischen Seite sowie die American Falls und die Bridal Veil Falls auf der amerikanischen. Die beiden Letzteren sind Teil des Niagara Falls State Parks, um den es hier geht.
Der kleinste der Fälle ist der 17 m breite Bridal Veil Falls (merkwürdigerweise im Plural). Er liegt zwischen den Inseln Goat Island und Luna Island.
Schon der Spazierweg nach Goat Island und Luna Island lohnt sich, auch wegen der herrlichen Stromschnellen oberhalb der Abbruchkante.
Beim Viewpoint ist man der Abbruchkante sehr nahe. Die Gischt der American Falls spritzt - eine herrliche Abkühlung an heißen Sommertagen.
(Im Hintergrund: Prospect Point und Observation Tower; dazu s.u.)
Living on the edge ...
Die American Falls können auch von der anderen Seite betrachtet werden, z.B. vom Prospect Point:
Oder dem (kostenpflichtigen; Stand 2023: 1,25 USD/Person) Observation Tower.
(Im Hintergrund die kanadischen Horseshoe Falls. Weiter vorne, das schmale Wasserfallband rechts außen: Bridal Veil Falls)
Von diesem hat man auch einen sehr schönen Blick in die andere Richtung, gen Rainbow Bridge, über die sich tagtäglich ein Teil des kanadisch-amerikanischen Grenzverkehrs quält.
Eine derartig beeindruckende Kulisse ist nicht nur für Touristen aus aller Welt, sondern auch für Filmemacher äußerst attraktiv. Hier bewies z.B. Marilyn Monroe im Jahr 1953, dass sie nicht nur als Traum aller Männer der Nachkriegszeit taugte, sondern auch als Femme Fatale eine richtig gute Schauspielerin sein konnte. Der Thriller Niagara ist ein absoluter Klassiker Hollywoods. Auch ein paar Stuntszenen für Superman III entstanden hier.
Früher gab es ein paar Verrückte, die sich den letzten Kick dabei holten, die Niagarafälle freiwillig hinunterzustürzen. In Fässern z.B., was manchmal gut und manchmal schlecht - um nicht zu sagen tödlich - ausging. Seit 1951 sind derartige "Späße" allerdings verboten.
Damals wie heute sind die Niagarafälle eine große Touristenattraktion. Es herrschen teilweise kirmesartige Zustände und das, obwohl die Fälle ziemlich abseits gängiger Reiserouten liegen. Bis nach New York City sind es immerhin ca. 650 km. One-way wohlgemerkt. Trotzdem waren die Niagara Falls bei meiner ersten USA-Reise 1991 ein absoluter Fixpunkt in der Planung. Auch 2011 haben wir uns nicht gescheut, ca. 500 km Umweg in Kauf zu nehmen, um unsere Erinnerungen aufzufrischen und neues digitales Fotomaterial zu erstellen.
Die Niagarafälle sehen schon von oben absolut eindrucksvoll aus, aber so richtig deutlich werden die Naturgewalten, die hier am Werk sind, erst, wenn man sich an Bord des Tourboots Maid of the Mist begibt, in die kostenlos bereitgestellten blauen (von Kanada startend roten) Müllsäcke (aka Regenponchos) schlüpft und bis in die Nähe der Abbruchkante fährt.
Man sollte allerdings nicht wasserscheu sein. Wer es noch konkreter haben möchte: Es gibt auch die Möglichkeit hinter die Horseshoe Falls, die Fälle auf der kanadischen Seite, zu gehen (Journey behind the Falls).
Nachts werden die Niagarafälle farbenfroh beleuchtet. Dieses Schauspiel habe ich leider noch nicht live miterlebt. Das ist gut, denn dann gibt es wenigstens einen Grund wiederzukommen, auch wenn heftige Umwege drohen.
Hat irgendwann jemand behauptet, dass Wasserfälle überbewertet werden?
Directions
GPS-Koordinaten Niagara Falls SP
(WGS84, Dezimalgrad, Umrechner: hier)
GPS Prospect Point: 43.085825203666516, -79.06867306439777
GPS Luna Island Viewpoint: 43.08368087468826, -79.07048242659899
Hier findet man eine Karte des Niagara Falls SP.
Good to know
Wer sich einen Eindruck von beiden Seiten verschaffen möchte, kann dieses tun. Man kann die amerikanischen und die kanadischen Fälle im Rahmen eines Tagesprogramms kombinieren. Ich empfehle, das zu Fuß zu machen. Ein Spaziergang über die Rainbow Bridge ist schon für sich genommen ein schönes Erlebnis und man steht nicht in dem circa einstündigen Stau, in dem man mit dem Wagen beinahe zwangsläufig feststeckt. Mit dem Mietwagen geht das im Allgemeinen auch, die großen Vermieter gestatten in aller Regel die Grenzüberquerung. Allerdings empfiehlt es sich, bei der Anmietung zu fragen, ob es irgendwelche Einwände gibt.
Grundsätzlich braucht man ESTA (seit Oktober 2022 auch bei Einreise auf dem Landweg) oder ein Visum und zusätzlich ein I-94 Formular, wenn eine Einreise in die USA auf dem Landweg über Kanada (bzw. Mexiko) stattfindet. Das ist mit ein wenig Aufwand verbunden. Man wird herausgewunken und in ein "Abfertigungsgebäude" geschickt, wo man aufgerufen wird (den Reisepass ist man zwischenzeitlich erstmal los). Kostet 12 USD (Stand: 2023). Alles kein Problem, aber man sollte etwa eine Stunde Zeitverlust einkalkulieren.
My Visits
Die Niagarafälle waren bei meiner allerersten Reise im Programm (1991). 2011 gab es eine dringend fällige Auffrischung. 2023, von Kanada aus kommend, eine weitere.
Keine Frage, die Niagarafälle sind majestätisch. Eines der Naturwunder des amerikanischen Ostens. An die ganz großen Parks im (Süd-)Westen reichen sie meiner Meinung nach dennoch nicht heran - ganz kann ich den Wasserfallmuffel wohl doch nicht ablegen.