New Orleans (LA)
(Letzte Änderung: 17.09.2022 @ 9:20)Der 28. August 2005 wird für immer ein Meilenstein in der Geschichte von New Orleans sein. So wie das verheerende Erdbeben, das San Francisco am 18. April 1906 heimsuchte, oder das Großfeuer von Jacksonville am 3. Mai 1901, veränderte Katrina New Orleans. Die Katastrophe setzte, als sich ihr ganzes Ausmaß abzeichnete, das ganze Land unter Schock - beinahe so wie 9/11 die Nation aufwühlte.
Gegen Katrina, einen der schwersten Hurricanes, die die USA jemals heimgesucht haben, hatte die Metropole im Süden des US-Bundesstaates Louisiana keine Chance. New Orleans ist von Wasser umgeben. Die Stadt liegt im Mississippi-Delta am Golf von Mexico und selbst im Norden nichts als Wasser: Lake Pontchartrain mag zwar ein Binnengewässer sein, aber wer einmal quer darübergefahren ist, weiß, dass der See die Ausmaße eines Meeres hat. Vom dem einen Ufer kann man das andere nicht sehen.
Die exponierte Lage ist besonders problematisch, da weite Teile von New Orleans unter dem Meeresspiegel liegen. Als Katrina über die Stadt hereinbrach, waren die Dämme nur etwa 5,5 m hoch, obwohl der amerikanische Wetterdienst und das Nationale Hurrikan-Zentrum mehr als acht Meter hohe Sturmfluten prognostizieren. Die Sumpfwälder und Marschen des Cajun Countries, eigentlich ein natürlicher Hochwasserschutz, boten kaum Schutz. Kanalisierungen und Eindeichungen des Mississippi sowie ein steigender Meeresspiegel (Erderwärmung!) hatten große Teile dieses Ökosystems zerstört.
Die Verwüstungen, die Katrina anrichtete, waren so gewaltig, dass sogar ernsthaft überlegt wurde New Orleans aufzugeben. Als die Deiche am 2. September brachen, überfluteten die Wassermassen aus dem Mississippi und dem Lake Pontchartrain 80% des Stadtgebiets. Weite Teile waren im Prinzip unbewohnbar und fast die Hälfte der Einwohner verließ die Stadt. Viele von ihnen sind nicht zurückgekommen.
Während zum 1.7.2005 454.863 Menschen in New Orleans lebten, waren es exakt ein Jahr später nur noch knapp die Hälfte (223.388). Zwar erholten sich die Zahlen nach und nach, aber selbst am 01.07.2012 war man mit 369.250 Einwohnern von den ursprünglichen Zahlen noch weit entfernt (Quelle: Wikipedia).
Nicht nur statistisch sind die Narben, die Katrina geschlagen hat, noch längst nicht verheilt. Zwar hatte New Orleans immer schon einen etwas morbiden und verlotterten Charme, aber wenn man heute durch die Stadt geht und die vielen Abrisslücken, Großbaustellen und gammligen Flecken an den Häusern sieht, schwant einem, dass hier noch längst nicht wieder alles im Lot ist.
Getreu dem Motto, dass in jeder Niederlage auch eine Chance liegt, wurden beim Wiederaufbau Maßnahmen ergriffen, von denen die Stadt profitiert. 1994, bei meinem ersten Besuch, war z.B. das Viertel rund um den historischen Cemetery Saint Louis I mit seinen berühmten Mausoleen geradezu unbetretbar. Überfälle am helllichten Tag waren an der Tagesordnung und der Liftboy im Hotel warnte uns ausdrücklich davor dort hinzugehen. Zwanzig Jahre später ist die Gegend dort zumindest tagsüber harmlos - die umliegenden sozial-schwachen neighborhoods, einst Epizentren der Gewalt, sind dem Wasser und späteren Abriss zum Opfer gefallen. Ein bisschen makaber aber Fakt. Leider ändert das nichts daran, dass New Orleans immer noch als eine der gefährlichsten Städte der USA gilt und man nach Einbruch der Dunkelheit abseits der scharf patrouillierten Touristenmeilen aufpassen sollte.
Mardi Gras, Vieux Carré, Café du Monde - nur einige Beispiele für französische Namen, denen man in New Orleans regelmäßig begegnet. Kein Wunder: New Orleans hat, wie Louisiana überhaupt, eine französische Vergangenheit. Die Stadt wurde 1718 von dem Franzosen Jean-Baptiste Le Moyne de Bienville gegründet und erhielt zu Ehren von Philipp II., Herzog von Orléans, den Namen La Nouvelle-Orléans. Daraus wurde dann im Laufe der Zeit der heutige Name.
Passenderweise heißt das Haupttouristenviertel der Stadt French Quarter (Vieux Carré). Hier lauten die Straßennamen Dumont, Burgundy, Dumaine oder Chartres. Man findet zahlreiche Gebäude im spanischen und französischen Kolonialstil mit blumengeschmückten Balkonen und ihren charakteristischen schmiedeeisernen Geländern.
Wenn man im Café du Monde einen Café au lait trinkt, dazu eine Portion der unvergleichlich genialen Beignets isst (und sich dabei von oben bis unten mit Unmengen Puderzucker einsaut), fühlt man sich für einen Moment nach Paris versetzt. Gleich nebenan warten vor der St. Louis Cathedral Pferdedroschken auf fußmüde Touristen, die eine private Stadtrundfahrt machen möchten.
New Orleans hat auch spanische Wurzeln. Im Jahr 1762 ging die französische Kolonie Louisiana mitsamt ihrer Hauptstadt an Spanien, bevor Napoléon Bonaparte das Gebiet zurückholte (Dritter Vertrag von San Ildefonso) um es wenig später für den Spottpreis von 15 Mio. US-Dollar an die USA zu verscherbeln (Louisiana Purchase).
New Orleans hat einen starken südländisch-exotischen Einschlag. Vielleicht liegt das daran, dass Cajun und Creole zur Kultur der Stadt gehören und ihren Niederschlag in Musik, Küche und Sprache gefunden haben. Vielleicht spielt auch eine Rolle, dass New Orleans als Voodoo-Hochburg gilt. Von 1794 bis 1881 lebte Marie Laveau, als Voodoo-Priesterin kreolischer Abstammung eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Stadt. An der Dumaine Street im French Quarter gibt es sogar ein Historic Voodoo Museum.
Wem Voodoo zu abgespaced ist, erfreut sich vielleicht eher bei einem Jazz-Konzert (obwohl Jazz auch ganz schön schräg sein kann). Als wir 2014 zwei Tage vor dem Beginn des New Orleans Jazz Festivals in der Stadt waren, waren Hotelzimmer rar und super-teuer. Jazz ist in New Orleans eine ganz große Nummer. Exemplarisch sei an den großen Louis Armstrong erinnert, der aus New Orleans stammt.
Beim Thema Kultur darf Mardi Gras nicht unerwähnt bleiben. Am Tag vor Aschermittwoch (Mardi Gras = "Fetter Dienstag") geht in New Orleans richtig fett die Post ab. Das French Quarter verwandelt sich in eine einzige Partiemeile und die ganze Stadt ist Violett, Grün und Gold geschmückt (Violett = Gerechtigkeit, Gold = Macht, Grün = Hoffnung) und auf Achse. Seit 1857 gibt es dieses Fest mit alljährlich großen Paraden.
Weder politische Stürme noch echte Stürme können diese Tradition aufhalten.
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1994 und 2014 haben wir die Stadt am Golf von Mexiko besucht.
New Orleans ist irgendwie anders. Der kreolische Einschlag ist interessant, dazu hat die Stadt einen morbiden Charme. Leider hat Katrina dermaßen verheerend gewütet, dass New Orleans noch immer schwere Wunden hat, die man auch sieht.