headerbildmobil1 headerbildmobil2 headerbildmobil3 headerbildmobil4 headerbildmobil1
Logo
Buchpromotion on


USA A-Z

(Letzte Änderung: 26.01.2023 @ 9:51)

Camping

Vor mir liegt der American Camper Report (2012) (Link nicht mehr auffindbar). Daraus ein Zitat:

"Camping is a true American tradition..." Klar, das leuchtet ein. Bei der Erschließung des Kontinents, vornehmlich von Ost nach West, waren der Himmel und die Sterne das Dach und der Boden der Wildnis das Bett für wagemutige Expediteure, Abenteurer und spätere Siedler. Ein Lagerfeuer spendete Wärme und sicherte das Camp vor ungebetenen tierischen Gästen. Kaum eine amerikanische Familie, die auf diese Tradition heutzutage verzichtet - das campfire gehört einfach dazu.

Camping ist in Amerika super-populär. Im aktuellen American Camper Report (2014) (Link nicht mehr auffindbar) heißt es: "All indications are that camping is here to stay as one of America’s favorite past times. Ninety-nine percent of camping participants said they were “likely” or “very likely” to camp next year. In fact, they are planning an average of 4.9 camping trips, with two-thirds planning three or more trips." Allerdings verhehlt der Report von 2014 nicht, dass es jüngst eine signifikante Abwärtsbewegung gab: "Camping lost a net of 423,955 participants from 2012 to 2013, which is a significant improvement over the 4.2 million participant loss from 2011 to 2012."

Warum trotz dieses Negativtrends Camping nachwievor beliebt ist, wird mit Blick auf die hervorragenden Bedingungen in den USA nachvollziehbar. Während in Europa Campingplätze häufig überfüllt sind und nur wenig bis keine Privatsphäre bieten, sind amerikanische campsites in den meisten Fällen ausreichend groß, sodass man nicht das Gefühl hat eingepfercht aufeinander zu hocken. Auch mit monströs großen Gespannen jenseits 30" - keine Seltenheit in den USA - findet man reichlich Stellplätze (oft sogar mit pull-thru driveways).

Darüber hinaus ist die Lage insbesondere öffentlicher Plätze häufig unschlagbar. Harmonisch in die Landschaft eingebettet und nicht einfach auf einem identitätslosen Stück Wiese nahe der Hauptstraße liegen sie mitten in den Naturparks. Wenn location wirklich everything ist, können Hotels und Motels dagegen einpacken (abgesehen von manchen sauteuren Lodges in speziellen Parks).

Ob mit Zelt oder RV (Wohnmobil): Camping ist in Amerika nicht nur eine Urlaubs-Sparvariante, sondern ein Happening für die ganze Familie. Amerikaner zelebrieren Camping-Trips regelrecht, egal ob als Getaway am Wochenende oder als Jahresurlaub. Mit Kind und Kegel, Monster-Barbecue-Grill, Riesen-Icebox, mehreren Raummetern campfire wood, pancakes zum Frühstück und Steaks zum Dinner - dagegen treten europäische Touristen geradezu minimalistisch amateurhaft an.

Nachdem ich mittlerweile mehrere Hundert amerikanische campgrounds kennengelernt habe - sowohl mit dem RV als auch mit PKW und Zelt - wage ich folgende Aussagen:

(1) Es gibt teilweise erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Qualität der Campingplätze in Bezug auf Sauberkeit, Kosten und Komfort. Dabei schneiden öffentliche Plätze (insbesondere in State Parks/ State Beaches) in Kalifornien (vor allem im Süden an der Pazifikküste) nicht besonders gut ab. Nicht nur sind sie tendenziell teurer als anderswo, sondern sie wirken im Vergleich zu den gepflegten campgrounds z.B. in Oregon manchmal schmuddelig und haben eine bescheidene Ausstattung. Für 45 USD mit Zelt und PKW darf ich wohl etwas mehr erwarten als kalte Duschen (die nur mit Tokens warm geschaltet werden können) und schmuddelige Toiletten (nicht einmal getrennt nach Geschlechtern). So erlebt im Leo Carrillo State Park im Juli 2015, und das war kein Einzelfall. Ja, ich weiß, Kalifornien ist chronisch pleite und leidet unter dem dürrebedingten Wassermangel, aber es entsteht gleichzeitig der Eindruck man sei sich bewusst, dass man es nicht wirklich nötig hat aktiv um Gäste zu werben. Die Plätze sind eh lange vorher ausgebucht.

(2) Campingplätze in den relativ armen Südstaaten, z.B. in Mississippi, Louisiana, Alabama, haben eine viel bessere Qualität, als man möglicherweise vermutet.

(3) Tendenziell haben öffentliche Plätze eine landschaftlich gesehen hübschere Lage als private campgrounds, die oftmals nahe am Highway liegen, damit man sie sieht und damit die Gäste schnell und bequem wieder auf der Piste sind. Die Kosten sind natürlich auch unterschiedlich: Wenn ein durchschnittlicher State Park 20 USD pro Nacht kostet (ohne hook-ups, electricity und water auf der campsite), kostet eine vergleichbare campsite auf einem privaten Platz vielleicht 30-40 USD. Natürlich stark variierend je nach Location.

(4) Private Plätze rechtfertigen ihre höheren Preise mit einer oftmals wesentlich besseren allgemeinen Ausstattung. Ist doch klar: Wenn es einen Pool für die Kinder gibt, kostenloses pancake breakfast und einen Streichelzoo, muss man dafür zahlen. Alle diese Dinge sucht man auf öffentlichen Plätzen vergeblich. Diese sind in der Regel eher rudimentär ausgestattet. Längst nicht überall gibt es z.B. Duschen. Manche Plätze sind komplett dry - kein Wasser. Komfort oder landschaftliche Schönheit, das ist oftmals die Frage.

(5) In den Sommermonaten, vor allem am Wochenende, sollte man entweder lange vorher reserviert haben, oder spätestens am frühen Nachmittag auf die Suche nach einer campsite gehen. Viele campgrounds sind dann komplett ausgebucht.

Zum Schluss noch ein paar besonders schlagkräftige Argumente für´s Campen (Quelle: www.campingbluedream.gr):

  • You Are Totally Unplugged (kein Internet und weiterer Zivilisationsschnickschnack, wobei das auf privaten Plätzen, die in der Regel mittlerweile über WLAN verfügen, schon nicht mehr stimmt)
  • Peeing Wherever You Damn Well Please (Yeaahh!)
  • Campfires (s.o.)
  • The Stars (ohne Worte)
  • Camping Is Only As Intense As You Want It To Be (man muss nicht unbedingt Kampf-Campen machen und eine Woche auf´s Duschen verzichten und nur Tütensuppen und Cookies mampfen - es geht auch zivilisierter. Oder mit den Worten des Autors der o.g. Quelle: "You really, really don’t have to be Bear Grylls to go camping. If that’s what you’re into, you can totally skin your own rabbits for dinner. If more relaxed camping is your style, try car camping. Most campgrounds allow you to drive your car right up to the campsite. That means you can bring whatever you want: pillows, an air mattress, lawn chairs, and as much clothing and food as you want. This also gives you the chance to drive around during the day to sightsee or try out some outdoor day activities in the area.")
  • It’s A Relatively Cheap Getaway (nicht der schlechteste aller Gründe)
  • It’s Completely Acceptable To Go To Bed at 9 p.m. (mit den Hühnern aufstehen, mit den Hühnern ins Bett; wenn es dunkel wird, packen manche Profi-Camper ihre Profi-Lampen aus, um nicht dauernd über irgendwelche Baumwurzeln zu stolpern - andere beugen sich den Gegebenheiten der Natur und machen einfach die Augen zu)
  • Sunsets And Sunrises (Gut, wer im Zelt lange schläft, verschläft auch dort den Sonnenaufgang. Zumindest aber könnte man, wenn man wollte, relativ unkompliziert, da man ja in der freien Natur ist, also wie gesagt man könnte...)
  • You Can Find Campgrounds Almost Anywhere (auch für eingefleischte Großstadtneutoriker gibt es keine Ausreden)
  • Nature Is Beautiful And Smells Good (Hmm, der Duft der Pinien oder der des Ozeans oder der saftiger Wiesen, ungewaschener Socken...)
  • Everyone Will Be Jealous (Ist es nicht cool erzählen zu können man wäre Campen gewesen und hätte dabei noch jede Menge Kohle gespart?)