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USA A-Z

(Letzte Änderung: 9.07.2017 @ 10:04)

Amerika

Amerika polarisiert.

Für die einen ist das Land eine mit beruhigender militärischer Stärke und stabilisierender ökonomischer Potenz gesegnete Weltmacht. Der Mittelpunkt des Guten, Fels in der Brandung und Leuchtfeuer in tosenden geopolitischen Stürmen. Wenn sie gebraucht wird, ist die Weltpolizei mit Blaulicht zur Stelle und schafft klare Verhältnisse.

"While the storm clouds gather far across the sea, Let us swear allegiance to a land that's free." Das ist die Diktion von God Bless America, einer der großen patriotischen Lieder Amerikas. So sieht sich Amerika selbst. In der offiziellen Nationalhymne (The Star-Spangled Banner) hört sich das kaum anders an: "In God We Trust In God is our trust; And the star-spangled banner in triumph shall wave O’er the land of the free and the home of the brave."

Für andere ist Amerika hingegen eine globale Bedrohung, ein Land, das mit irritierendem Sendungsbewusstsein seine Sicht der Dinge der ganzen Welt engegenschreit und jeden, der nicht hörig ist, mit Zuckerbrot und Peitsche auf Linie trimmen will. Für seine Feinde ist Amerika so etwas wie Mordor, Saurons Festung der dunklen Macht. Gibt es sonst noch ein Land, gegen das sich so viele fanatische politisch-religiöse Motive richten?

Natürlich gibt es zwischen diesen Extrema etliche Grautöne, genau wie zwischen Hass und Liebe verschiedene Schattierungen von Hassliebe existieren können. Fakt ist aber, dass es vermutlich kein Land gibt, das von so vielen Menschen leidenschaftlich verehrt wird und gegen das sich gleichzeitig so tief verwurzelte und weit verbreitete Antipathien richten. Amerika ist quasi der FC Bayern der Weltpolitik, der niemanden kalt lässt.

Obwohl Deutschland in zwei Weltkriegen gegen Amerika kämpfte, ist das Verhältnis prinzipiell freundschaftlich. Unvergessen ist, dass es amerikanischen "Rosinenbomber" und ein (nicht auch eigennützig gedachter) Marshall-Plan waren, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs das in Trümmern liegende Deutschland aufrichteten.

Allerdings gibt es immer wieder schwere Belastungsproben der nicht immer einfachen Beziehung zwischen beiden Nationen (Stichworte: Guantanamo, NSA-Abhöraffäre), die einen schwelenden Antiamerikanismus in Deutschland befeuern. Ohne zu bestreiten, dass die bestehende Kritik an Amerikas Welt-Politik von der Sache her z.T. berechtigt ist, stellt Tobias Jaecker, wie ich finde treffend, fest:

"Denn die Kritik verkehrt sich hier in ein stereotypes Welterklärungsmuster, in dem alles Negative – ob Kapitalmacht, Waffengewalt, Überwachungsstaat oder Rechtsdefizite – auf die USA projiziert wird. Und das nur, um sich eine europäische Identität herbeizufantasieren, die dazu im Gegensatz steht: moralisch höherwertig, gut. Dies ist heuchlerisch." (Quelle: www.zeit.de)

Wir Europäer schauen mit einem kaum kaschierten Überlegenheitsdünkel auf das ach so geschichts- und kulturarme Amerika herab und tun so, als wären Mickey Mouse und Big Mac die größten kulturellen Hervorbringungen dieses Landes. Gleichzeitig bekommen viele glänzende Augen beim Blick über den Atlantik, wenn sie die neuesten Trends aus Übersee adaptieren. Und natürlich geht man gerne in die Kinos, in denen die neuesten Hollywood-Blockbuster laufen, auch wenn man eigentlich in viel höheren kulturellen Sphären schwebt.

Wie waren eigentlich die Zustände in unserem so kulturreichen Europa, als in Amerika die Idee Gestalt annahm, dass der politische Wille von jedem Bürger, egal ob Arbeiter, Bauer oder (ehemaliger) Adeliger, gleich zählt und jeder das Recht hat seines eigenen Glückes Schmied zu sein?

Selbst wenn die Amerikaner nett sind, sind sie doof. Gerne mäkelt der distinguierte Europäer an der penetrant oberflächlichen Höflichkeit der "Amis" herum. Nice to meet you! Have a nice day! Where ya from? - Germany, oh how nice! You`re welcome! Wie furchtbar! Viel schöner ist doch die vornehme Unfreundlichkeit in europäischen Aufzügen oder Supermärkten, wo man sich wenigstens darauf verlassen kann, dass jeder jeden geflissentlich ignoriert und Löcher in die Gegend starrt. Sprich mich bloß nicht an!

Heiko Heinisch bringt es in seiner lesenswerten Analyse des "Amerikanischen Ressentiments" auf den Punkt: "Es geht mir nicht darum, die USA von jeder Schuld reinzuwaschen. Wie die Regierung jedes anderen Landes haben auch diverse US-Regierungen schwere Fehler begangen, und die Auswirkungen solcher Fehler sind natürlich umso größer, je größer und mächtiger ein Land ist. Es geht mir darum, dass berechtigte Kritik dort ins Ressentiment umschlägt, wo ein ganzes Land und seine Bevölkerung beschuldigt werden, für alle Übel dieser Welt verantwortlich zu sein; wo in der Kritik die Idee des „großen Satans“ überwiegt." (Quelle: www.heiko-heinisch.net)

Amerika und seine Mythen.

Da ist z.B. der seit der Besiedelung Amerikas durch europäische Pilger auf der Suche nach Glück latent vorhandene Traum von einem Amerika, in dem es unbegrenzte (gesellschaftliche Aufstiegs-)Möglichkeiten für alle gibt. Der amerikanische Traum, der die Metamorphose des hart arbeitenden und umsichtig wirtschaftenden Tellerwäschers zum Millionär als Leitmotiv hat und auf der einen Seite ein gerne bedientes Klischee, andererseits aber auch eine globale Marke ist, die die Menschen inspiriert: The American Dream.

Wenn man sich die Lebenswirklichkeit vieler Menschen in Amerika vor Augen hält, wird der American Dream schnell als Illusion demaskiert. Gesellschaftlicher Aufstieg ist auch in Amerika maßgeblich eine Frage der Bildung. Und die ist speziell in Amerika sehr teuer, es sei denn man ist ein begnadeter Sportler und kann sich die Eliteuni aussuchen.

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten schrumpft bei genauerer Betrachtung zu einem Land mit glasharten Gegensätzen zwischen Reich und Arm und immer noch vorhandenen schwelenden ethnischen Konflikten, nicht zuletzt den jahrhundertealten Diskrepanzen zwischen Schwarz und Weiß.

Längst nicht überall ist die Civil Rights-Bewegung des letzten Jahrhunderts da angekommen, wo sie hingehört: in die Köpfe der Menschen. Vor der Wahl Barack Obamas, des ersten schwarzen Präsidenten der USA, wurde in keinem geringeren Blatt als der New York Times die zynische Frage diskutiert, wie Schwarz Obama sein dürfe um von Weißen gewählt zu werden: "How black is too black? " bzw. "... how black can Mr. Obama be before he alienates white voters?" (Quelle: www.nytimes.com). Das lässt abgrundtief blicken.

Von wegen unbegrenzte Möglichkeiten. Von wegen Try-harder-and succeed. Von wegen alle sind gleich. 47 Millionen Amerikaner sind auf das Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP) angewiesen (Quelle: www.welt.de). Mit anderen Worten: Sie leben von den Essensmarken in der Hand in den Mund.

"Für immer mehr US-Bürger ist der "amerikanische Traum" nur Legende: Vier von fünf Amerikanern fallen vor Erreichen ihres 60. Lebensjahres zeitweise in Arbeitslosigkeit, sinken an die Armutsgrenze, benötigen staatliche Hilfe. Rezession, globalisierte Wirtschaft, das Sterben von Jobs für Arbeiter ohne Collegeabschluss haben zu einem extremen Auseinanderklaffen der Einkommen geführt." (Quelle: www.welt.de)

Ausgeträumt.

Aber Amerika wäre nicht Amerika, wenn man das Ganze nicht unbeugsam optimistisch zuende denken würde: Einen Traum, der schon Realität ist, lohnt es ja auch gar nicht zu träumen.

Was nicht ist, kann ja noch kommen bzw. WIRD nach amerikanischer Denkweise noch kommen.