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Big West Tour 2015

(Letzte Änderung: 9.07.2017 @ 10:04)

14. Tag: 13.07.2015

Am nächsten Morgen berichten mir die Damen, dass es nachts ein ziemliches Unwetter gegeben hat. Starker Regen und Sturm - ich habe davon interessanterweise nichts mitbekommen, glaube aber jedes Wort, denn das Zelt ist von außen klitschenass.

Nachdem wir unsere Siebensachen verpackt haben, nehme ich meinen Huf näher unter die Lupe und muss leider feststellen, dass die Entzündung noch schlimmer geworden ist. Das sieht jetzt wirklich nicht mehr ganz toll aus. Kurz entschlossen rufen wir bei einem family doctor in Idaho Falls an, doch ohne appointment ist nichts zu machen. Man empfiehlt uns eine Urgent Care Klinik auzusuchen, da walk-in doctors wohl prinzipiell nur ganz selten seien.

Darauf habe ich ja nun überhaupt keine Lust, denn so etwas bedeutet vor allem Warten, Warten und nochmals Warten. Ein amerikanisches Ehepaar, das ich sicherheitshalber auch nach den Modalitäten eines Arztbesuchs frage, bestätigt, dass man in aller Regel einen Termin braucht, und empfiehlt mir mit meinen Beschwerden nicht zu spaßen und zum Urgent Care zu gehen. "Better safe than sorry!" lautet das einhellige Urteil, wobei ich angesichts der tendenziell übervorsichtigen Mentalität vieler Amerikaner so meine Zweifel habe. Als mir dann jedoch die Besitzerin des Campingplatzes stolz und voller Zuversicht berichtet, dass es in Arco selbst eine sehr gute Notfallambulanz mit kompetenten Ärzten gäbe ("They are doing very well."), was für eine Kleinstadt auf dem platten Land ungewöhnlich wäre, entscheide ich mich dorthin zu fahren. Dann weiß man wenigstens, was Sache ist.

Zuvor gibt es aber Frühstück mit kostenlosen waffles bis zum Abwinken. Dann wird ausgecheckt und wir folgenden der Wegbeschreibung zur Klinik in Arco, die etwas oberhalb des Ortes an einem Berghang liegt.

Wir werden super-freundlich empfangen und man versichert mir, was ich doch für eine tolle Familie habe. Das wusste ich natürlich vorher schon, aber es ist doch immer wieder schön solche Komplimente zu hören. Passiert in Deutschland nur extrem selten, aber Amerikaner sind diesbezüglich viel offenherziger und herzlicher.

Im Wartezimmer wird auf das bevorstehende große Rodeo-Event hingewiesen.

Atomic Days Rodeo Arco

Gut, dass kaum Betrieb ist und ich nicht lange warten muss, bis mich eine nurse durchcheckt. Alle Vitalzeichen werden abgenommen, was in Amerika gang und gäbe ist. Vermutlich wird sogar der Blutdruck gemessen, wenn man sich den großen Zeh verstaucht hat.

Dann kommt der Doktor und ich kann mir ein Grinsen kaum verkneifen. Von wegen Weißkittel. Ein älterer Herr mit sonnengegerbter Haut in Cowboyklamotten - mit den entsprechenden Stiefeln, Blue Jeans, breiter Gürtelschnalle und Flanellhemd - stellt sich vor und ich komme mir vor wie im Film. Rural America pur! Ein Blick auf meinen Fuß genügt und die Diagnose ist klar. Kein Zeckenbiss ("spreading rash"), sondern der Biss oder Stich irgendeines anderen Viechs. Ich soll mir im Supermarkt over the counter eine triple antibiotic ointment besorgen, jedoch würde er mir auch ein Antibiotikum verschreiben, wenn es mich beruhigen würde. Natürlich lehne ich das ab. Wir schwatzen noch ein bisschen und das war´s.

Jetzt ist diese Sache wenigstens geklärt und es geht ans Bezahlen. Irgendwelche Probleme mit der Software verhindern, dass unsere Adresse korrekt eingetragen wird, aber ich bekomme zumindest eine Rechnung, die ich der deutschen Versicherung vorlegen kann. Bei der Unterhaltung mit der Büroangestellten erfahre ich auch, was es mit den merkwürdigen Zahlen zu tun hat, die oberhalb von Arco in einen Berghang gefräst wurden. Das sind die Jahreszahlen der lokalen Highschool-Abschlussjahrgänge. Wäre ich nie im Leben drauf gekommen.

Wir fahren weiter nach Idaho Falls, wo wir uns bei einem Albertsons erst mal mit Lebensmittel und Eis für die Kühltasche sowie orange chicken, Nudelsalat mit bacon und cheddar sowie einem herrlichen Waldorfsalat von der Deli-Theke versorgen. Jetzt ist schon Mittagszeit, es ist ziemlich warm und wir verdrücken unsere Salate gleich auf dem Parkplatz. Das hat ja schon mittlerweile Tradition, und wir empfinden es nicht als unbequem, sondern eher als praktisch.

Schräg gegenüber vom Albertsons ist Walgreens, wo ich meine Salbe bekomme. Nun haben wir alles und können die restliche Strecke Richtung Yellowstone in Angriff nehmen. Geplant ist, dass wir im Nationalpark campen.

Gegen 15.30 Uhr erreichen wir West Yellowstone, einen sehr hektischen Ort, der mit Touristen überfüllt ist und viel zu viel Verkehr hat. Nur weg hier! Wir fahren in den Nationalpark, machen jedoch unmittelbar hinter dem Eingangsbereich einen U-Turn, da Schilder anzeigen, dass alle campgrounds full sind. So ein Mist, aber für Yellowstone absolut nicht ungewöhnlich. Unser Optimismus wird leider nicht belohnt.

Wir klappern noch zwei KOAs ab, die kurz vor West Yellowstone liegen, doch handeln uns auch dort Körbe ein. Letzter Ausweg ist der Henrys Lake State Park noch ein paar Meilen weiter zurück, wo wir dann für 26 USD eine campsite erwischen.

Gleich nach dem Zeltaufbau begebe ich mich ein wenig auf Foto-Safari.

Henry´s Lake State Park Henry´s Lake State Park Henry´s Lake State Park Henry´s Lake State Park

Leider verdüstert sich der Himmel zusehends. Erst regnet es nur leicht, aber dann immer stärker. Auf einer Infotafel habe ich gelesen, dass der Henrys Lake State Park berüchtigt ist für gales, also Starkwinde, die für Boote eine ernste Gefahr darstellen können. Genau so kommt es auch heute. Ein regelrechter Sturm bricht los und wir bauen panisch unser Zelt wieder ab, bevor es in alle Einzelteile zerlegt wird (das Foto links unten ist beim Zeltaufbauen entstanden, rechts sieht man das Unwetter heranziehen). Zwei Stangen sind schon etwas verbogen und wenn wir nicht aufpassen, fliegt uns das Teil in Kürze um die Ohren.

Henry´s Lake State Park Henry´s Lake State Park

Mit Ach und Krach kriegen wir unsere Siebensachen einigermaßen unfallfrei ins Auto und harren dort der Dinge, die da kommen. Klar ist, dass wir hier unmöglich nächtigen können, also fahren wir los und versuchen den camphost oder einen Parkranger zu finden, um vielleicht kulanzhalber unser Geld zurück zu bekommen.

Da der camphost offenbar ausgeflogen ist und im Eingangshäuschen auch kein Ranger mehr Dienst schiebt, warten wir noch ein wenig ab. Der Sturm legt sich wenig später genauso schnell , wie er aufgezogen ist und es tröpfelt nur noch leicht. Der Himmel aber ist immer noch mit schwarzen Wolken bedeckt, sodass zu befürchten ist, dass das noch nicht alles in Punkto Unwetter war.

Mangels Alternativen und angesichts der vorgerückten Stunde beschließen wir das Zelt wieder aufzubauen und zu riskieren eine Nacht hier zu bleiben. Wo sollen wir auch sonst hin? Alle Campingplätze weit und breit voll und auch moteltechnisch ist in West Yellowstone kaum etwas zu einigermaßen akzeptablen Preisen zu machen.

Da es mittlerweile ziemlich kühl ist, verkriechen wir uns bald in unsere Schlafsäcke und hoffen auf eine ruhige Nacht.