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USA A-Z

(Letzte Änderung: 9.07.2017 @ 10:04)

Kinder

Selbst im schon etwas fortgeschritten-zarten Alter von 13 schlägt unsere älteste Tochter Lisa-Marie das Angebot im Restaurant Malstifte und eine Rätselseite zu bekommen selten aus. Annalena (11) sowieso nicht. Beide haben schätzen gelernt, dass das in Amerika wie selbstverständlich vom Kellner angeboten wird und gut ist gegen die Langeweile, wenn man auf die Mac & Cheese wartet und die Eltern müde in den Seilen hängen.

Überhaupt werden Kinder bzw. Familien mit Kindern in Amerika ausgesprochen zuvorkommend behandelt. Dass da, wo Kinder sind, auch mal Tohuwabohu herrscht, scheint niemanden zu jucken. Auch machen Amerikaner entwaffnend offen Komplimente über fremde Kinder. "Your girls are just wonderful." "Good girls." So etwas hört man immer wieder mal und hat den Eindruck, dass es ehrlich und einfach nett gemeint ist.

Ich würde Deutschland ganz sicher nicht als per se kinderfeindliches Land bezeichnen, aber im Amerika gehören Kinder noch viel selbstverständlicher zum Tagesgeschäft dazu. (So ähnlich wie in Südeuropa, wo niemand auf die Idee kommen würde die Sprösslinge im Hochsommer um 21.00 Uhr ins Bett zu schicken, wenn der Rest der Großfamilie noch beim Barbecue ist.)

In Amerika sind Eltern mit Kindern in der Regel willkommene Mieter - wer Kinder verantwortungsvoll großziehen kann, genießt schon mal einen Vertrauensvorschuss. Museen sind oft ausgesprochen kindgerecht gestaltet, Kinder übernachten in Hotels im Zimmer der Eltern kostenlos, Kinderermäßigungen gibt es allüberall usw.

Die Frage "Kinder oder Karriere?" wird in Amerika entweder seltener gestellt oder aber mit einem selbstbewussten "Beides!" beantwortet. Hier spielt auch eine kinderfreundliche Mentalität auf Arbeitgeberseite eine Rolle. Frauen, die Beruf und Kinder unter einen Hut bringen, werden respektvoller behandelt als in Deutschland. All dieses kann man sicher nicht verallgemeinern, ist aber im Sinne von Tendenzaussagen vermutlich Fakt.

Dabei sind die politischen Rahmenbedingungen in den USA in Bezug aufs Kinderkriegen und -erziehen objektiv betrachtet viel schlechter als bei uns. Kindergeld? Elternzeit? Subventionierte Kitaplätze? Alles Fehlanzeige. Ganztagesbetreuungen sind sehr teuer und finanziell längst nicht von allen zu stemmen. "Kinderkriegen ist hier ganz klar Privatsache." schreibt May Dähne in ihrem ZEIT-Artikel dazu. (Quelle: www.zeit.de) Um damit klarzukommen wird Nanny-Sharing praktiziert oder Eltern betreuen Kinder der Nachbarschaft im Wechsel im Sinne privat organisierter Kita-Gruppen. Alles eine Frage der Organisation, und in Bezug auf Kinder sind Amerikaner(-innen) einfallsreich, kompromissbereit und flexibel.

Unter dem Strich ist Amerika mentalitätsmäßig und im praktischen Umgang ein höchst kinder- und familienfreundliches Land, wovon man auch als reisende Familie mit Kindern etwas mitbekommt.

Nun zu einem anderen Aspekt der "Kinderthematik", den ich hier mit abhandeln möchte. Es geht um die Frage, ob man mit (kleineren) Kindern in die USA reisen kann/sollte. Du liebe Güte, was durften wir Rabeneltern uns alles anhören, weil wir es wagten unsere nulljährige jüngste Tochter auf eine fünfwöchige Rundreise im Wohnmobil mitzunehmen und mit ihr in heiße Wüsten und auf hohe Berge zu fahren. Und die Dreijährige gleich mit. Doppelt schlimm.

Annalena feierte ihren ersten Geburtstag Ende Juli 2005 im Joshua Tree Nationalpark. Bei 45° Grad im nicht vorhandenen Schatten. Mal abgesehen davon, dass es vielleicht eine Schnapsidee war im Hochsommer in die Mojave Desert zu fahren, verrate ich hier das überraschende Endresultat: Sie hat überlebt. Sie ist durchgekommen. Weder verdurstet, verhungert, an Höhenkrankheit gestorben, sozialer Vereinzelung gelitten, unter- oder in der gottverlassenen Einsamkeit verloren gegangen. Nicht einmal stundenlange Fahrten bei voll aufgedröhnter Klimaanlage haben nachhaltige seelische oder körperliche Schäden hinterlassen.

Was ich damit sagen will: Natürlich sind nicht alle Kinder gleich, natürlich kann es auch mal nerven, wenn man im Urlaub in den USA gemeinsame längere Wanderungen knicken kann und stattdessen öfters mal am Strand Sand sieben muss, Spielplätze ansteuern, Windeln wechseln, Klamotten waschen oder sich in allgemeiner Geduld und Gelassenheit üben muss, aber für mich sind die USA - vom Kostenfaktor abgesehen - eines der einfachsten Länder für einen Urlaub mit (kleineren) Kindern.

Schwieriger wird es nach unserer Erfahrung eher mit etwas älteren Kindern im Pubertätsalter. Denen klarzumachen, dass heute schon wieder "Wildnis" angesagt ist und nicht langes Ausschlafen, Pool und Dauerbespaßung kann viel anstrengender sein. Aber in der Beziehung sind wir gerade erst am Anfang persönlicher Erfahrungen. Vielleicht später mehr zu dem Thema.